Raureif.

Vor Sonnenaufgang war ich wieder auf der Alb bei Salmendingen. Über Nacht war der Raureif von den Sonnenblumen abgefallen, doch die Bäume auf dem Kornbühl, einem 886,5 m hohen Härtling (Zeugenberg), stellten ihre weiße Pracht noch zur Schau. An solchen Tagen des Wetterwechsels macht sich jeder Höhenmeter bei der Temperatur bemerkbar.

Der 1886 angelegte Kreuzweg hinauf zur Kapelle führt vorbei an 14 Stationen. In westlicher Richtung reicht der Blick über den Albtrauf hinaus ins Alb-Vorland.

Die Äste der Bäume bogen sich unter der schweren Eislast.

Über der Kuppenalb suchte sich die aufgehende Sonne einen Weg durchs Gewölk. Bei klarer Sicht kann man von hier aus am Horizont das 250 km entfernte Zugspitzmassiv erkennen.

Das Totholz verwitternder Baumstümpfe leuchtete im warmen Licht der Morgensonne und bildete einen herrlichen Kontrast zu den filigranen Strukturen des Raureifs.

Der Wind hatte bereits über Nacht zugelegt, ein Vorbote der nächsten Warmfront. Die weiße Pracht wird wohl den Vormittag nicht überleben. Da kam ich also gerade noch rechtzeitig.

Gut gereift

Nach einer langen Phase neblig-trüber und kalter Tage hat man die Chance auf tollen Raureif. Doch Raureif ohne Sonne gibt langweilige Bilder. Hat sich die Sonne aber endlich durchgekämpft und den Nebel aufgelöst, ist es mit der weißen Pracht schnell vorbei. Dies bedeutet, dass man zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle sein muss. Auf Verdacht fuhr ich deshalb am Sonntagnachmittag auf die Alb, doch die Sonne blinzelte nur hin und wieder durchs Gewölk. Kurze Momente für den Auslöser.

Zum Abschluss besuchte ich noch einen meiner Lieblingsplätze und genoss den herrlichen Blick auf die Salmendinger Kapelle. Für die kommende Nacht war nochmals Frost vorhergesagt. Doch bereits am Vormittag sollte starker Westwind die nächste Warmfront bringen. Das würde der Raureif nicht überleben. Also beschloss ich bei Sonnenaufgang wiederzukommen.

Trockenbrüche

Unsere Streuobstwiesen haben in diesem Jahr unter der langen Trockenheit schwer gelitten. Eine Vielzahl alter Bäume brach einfach auseinander.

Natürlich ist es nicht nur die Trockenheit, die zu diesen Schäden geführt hat. Wie immer ist das Problem komplexer. Alte Obstbäume sind häufig vom Pilz befallen und von innen heraus morsch, denen gab die Trockenheit den Rest. Doch auch gesunde Bäume waren von Trockenbrüchen betroffen. Ob Apfel-, Birn-, Kirsch- oder Zwetschgenbaum, keine Obstsorte blieb verschont.

Ein großes Problem ist, dass viele Streuobstwiesen seit Jahren nicht mehr gepflegt werden. Der Baumschnitt blieb aus und auch der Baumbestand wurde nicht mehr erneuert. Die alten Leute, die diese Baumpflege über Jahrzehnte betrieben haben, sterben langsam aus. Für sie waren die Streuobstwiesen einst lebensnotwendig, später Gewohnheit und am Ende nur noch eine Last. Die Jüngeren haben oder nehmen sich dafür nur selten Zeit, zumal sich diese Arbeit in keiner Weise rechnet.

Die Folgen sind nicht zu übersehen. Da nützt es auch nichts, die Streuobstwiesen zu schützen. Nur ein Umdenken, eine Änderung der Lebensweise und neue Ideen zur Vermarktung werden diese artenreiche Kulturlandschaft retten. Heute zählen die Streuobstwiesen zu den am stärksten gefährdeten Lebensräume.

Echte Zaunwinde

In Ergänzung zum Beitrag „Zur Diskussion gestellt“ hier noch einige Aufnahmen von der echten Zaunwinde. Die erst Serie zeigt, wie sich eine geringfügige Verlagerung des Standortes positiv auf die Bildgestaltung auswirken kann. Aus dieser Perspektive erfährt die Trichterblüte durch den Hintergrund eine optimale Rahmung. Die hellere Ausarbeitung lässt das Bild weniger dramatisch erscheinen. Zum Vergleich ist das Original aus dem letzten Beitrag angefügt

Der morgendliche Tau nach dem Regen am Abend unterstreicht die samtige Oberfläche der Blüte.

Die nachfolgenden Aufnahmen verdeutlichen den Charakter der Kletterpflanze.

Zur Diskussion gestellt

Das Fotografieren von Pflanzen endet häufig bei schon tausendfach gesehenen „Belegbildern“. Das Ablichten seltener Pflanzen ändert daran nichts. Ich bin kein „Blümchenfotograf“ und dennoch bin ich hin und wieder auf der Suche nach Möglichkeiten, Pflanzen so zu fotografieren, dass die entstehenden Bilder mehr sind, als reine Dokumentationen.

Im letzten Beitrag habe ich mich mit der Wegwarte beschäftigt. Diesmal zeige ich Aufnahmen von der echten Zaunwinde. Mich fasziniert an dieser Pflanze, dass sie einerseits über ein sehr robustes „Tragseil“ und formschöne Blätter verfügt, andererseits aber große und zugleich zarte Blütenkelche hervorbringt, die sie in vollendeter Form gen Himmel reckt und die auch nachts geöffnet bleiben. (Wahrscheinlich waren dies die Vorbilder für die Kelchstützen des Tiefbahnhofs Stuttgart 21. 😉)

Mit den nachfolgenden Bildern habe ich versucht, diese teils widersprüchlichen Eigenschaften mit fotografischen Mitteln zum Ausdruck zu bringen. Mich interessiert nun sehr, wie die einzelnen Bilder auf euch wirken. Über Rückmeldungen, auch kritische, würde ich mich deshalb freuen.

Die nachfolgende Galerie ist so aufgebaut, dass zuerst die Originalaufnahme kommt. Diese wurde in der Regel mit einer Blendenstufe überbelichtet, um eine anschließende High Key – Entwicklung zu begünstigen. Daran schließen sich 1 – 2 SW-Entwicklungen an. Das SW-Bild der letzten Aufnahme wurde im Unterschied dazu Low Key entwickelt. Dazu entschied ich mich wegen des Hintergrunds und des Gegenlichts.

Und nun viel Spaß und herzlichen Dank für eure Rückmeldungen.

Wegwarte

Vor 10 bis 20 Jahren sah man sie bei uns kaum mehr, doch heute blüht sie wieder an den Weg- und Straßenrändern und am Rande der Felder, die Wegwarte. Sie öffnet kurz nach Sonnenaufgang ihre blauen Blüten und lässt die Wegränder häufig als blaues Band erstrahlen.

Die Wegwarte ist eine ganz besondere Pflanze. Dies lässt sich alleine schon daran ermessen, dass sie in Deutschland 2005 zum „Gemüse des Jahres“, 2009 zur Blume des Jahres und 2020 zur Heilpflanze des Jahres ernannt wurde.

Wahrscheinlich werden nur noch die Alten wissen, dass die gemeine Wegwarte auch den Namen „Zichorie“ trägt. Dieser verweist zum einen darauf, dass aus der Wegwarte die heutigen Kulturpflanzen Salatzichorie, besser bekannt als Chicorée, und der Radicchio gezüchtet wurden. Zum anderen verweist der Namen auf den Zichorienkaffee, der ab Mitte des 18. Jahrhunderts und insbesondere während der Kriegsjahre und in der Nachkriegszeit als Kaffeeersatz oder „Muckefuck“ zum Einsatz kam. Ein Produkt der damaligen Zeit, das man auch heute noch kennt, ist der „Caro-Kaffee“.

Oft kommt die gesamte Pflanze als Futter- oder Heilpflanze zum Einsatz. Beim Kaffeeersatz greift man auf die Pfahlwurzel zurück.