Container-City

In den Stuttgarter Wagenhallen, wo einst Lokomotiven und Busse gewartet wurden, hatten sich nach der Jahrtausendwende Kunst- und Kulturschaffende aller Art eingemietet. Als 2015 der Beschluss stand, die Wagenhallen zu sanieren, musste für sie eine Interimslösung gefunden werden, das war die Geburtsstunde der „Container-City“.

Hier zu sehen die Skulptur „Yellow Arrow, 2011, Auto, Stahl, Lack, 240 × 430 × 1300 cm“ von Stefan Rohrer. Ein Ausflug auf dessen Homepage ist absolut lohnend.

Im „Vorhof“ der Wagenhallen entwickelte sich eine alternative Szene aus Handwerkern, Künstlern, Architekten, Theaterleuten und Lebenskünstlern, die auch über den Wiederbezug der Wagenhallen hinaus bis heute Bestand hat. Dass sich dieses „Kulturschutzgebiet“ in den vergangenen Jahren zu einem kreativen und lebendigen Ort für innovative Kultur in Stuttgart entwickelt hat, ist auch beim Stadtrat angekommen. Deshalb sucht man nach Lösungen, um diese alternative Szene an einen anderen Ort umzusiedeln, denn im Rahmen der Umgestaltung von Stuttgart 21 und dem neuen Rosensteinquartier muss auch die selbstgestaltete Außenfläche „Container-City“ weichen.

Das Gebiet um die Wagenhallen ist Teil der Entwicklungsfläche Stuttgart Rosenstein. Hier soll 100 Jahre nach der Weissenhofsiedlung im Rahmen der Internationalen Bauausstellung 2027 (IBA’27) bis zum Ausstellungsjahr der erste Baustein des neuen Stadtteils entstehen: die sogenannte „Maker City“. Die Idee ist, ein Quartier mit neuen ökologisch‐sozialen Wohnformen und gemischter Nutzung zu errichten. In Anlehnung an den bereits kulturell geprägten Ort soll ein produktives Stadtquartier entwickelt werden. Neben den Ateliers der ansässigen Kunst‐ und Kulturschaffenden können Handwerksbetriebe und Einrichtungen für die Bereiche Entwicklung, Forschung, Bildung und Freizeit entstehen – und dazu beitragen, dass die „Maker City“ ein lebendiges und vielfältiges Viertel wird. Offensichtlich haben die Stadtplaner Stuttgarts begriffen, dass sich eine derart katastrophale Architektur wie im Europaviertel nicht wiederholen darf.

Wie die Lösung für das Ausweichquartier ausfallen wird, bleibt abzuwarten, denn das Ganze hat auch noch eine weitere wichtige Dimension, die bei Diskussionen meist unter den Tisch fällt. An Orten wie der „Container-City“ gelingt es, auch Menschen zu integrieren, die sich mit einem bürgerlichen Leben aus unterschiedlichen Gründen schwer tun. Hier aber sind sie nicht nur geduldet, sondern können sich auch mit ihren Fähigkeiten in die Gemeinschaft einbringen und finden bezahlbaren Wohnraum. Die Sanierung alter oder Entwicklung neuer Stadtviertel entzieht diesen Mitmenschen die Lebensgrundlage. Die Folgekosten für Sozialarbeit und Sozialkassen währen wahrscheinlich wesentlich größer und weit weniger produktiv, als die Unterstützung einer solchen Szene. Eine Großstadt / Gesellschaft braucht derartige „Kulturschutzgebiete“ in denen sich alternative Lebensformen entwickeln können.

Quellen:

Gespräche mit Bewohnern, Stuttgarter Zeitung, Stadt Stuttgart, Kunst- und Kulturverein Wagenhallen

Wo die moderne Architektur erfunden wurde.

Im 1907 gegründeten Deutschen Werkbund wurde erfolgreich der Versuch unternommen, durch die Zusammenarbeit von Kunst, Industrie und Handwerk die Qualität deutscher Produkte sowie deren Produktionsprozesse zu verbessern. Zentrales Anliegen war die Suche nach einer neuen, durch „Zweck“, „Material“ und „Konstruktion“ bedingten Formgebung. Die Produktpalette reichte dabei „vom Kopfkissen bis zum Städtebau“.

Nach dem 1. Weltkrieg wurde der Werkbund zunehmend von führenden Vertretern des „Neuen Bauens“ beeinflusst. Mit der Ausstellung „Die Wohnung“ gelang dem Werkbund 1927 ein großer Wurf, denn mit der Stuttgarter Weissenhofsiedlung präsentierte er erstmals national und international die von ihm postulierten neuen Formen des Wohnens. An der Ausstellung beteiligten sich 17 Architekten aus verschiedenen Ländern. Dazu gehörten Le Corbusier, Gropius (Bauhaus) und Scharoun. Damals waren sie nur in Kreisen der internationalen Avantgarde bekannt – heute zählen sie zu den bedeutendsten Meistern der modernen Architektur. Unter der künstlerischen Leitung von Ludwig Mies van der Rohe suchten sie nach Antworten auf die Frage, wie künftig in der Großstadt gewohnt werden sollte. In nur 21 Wochen entstanden 21 Musterhäuser.

Die Bauausstellung Weissenhofsiedlung zeigte die damals aktuelle Entwicklung der Architektur und des Wohnungsbaus. Ein formaler Zusammenhang wurde durch die grundsätzlich ähnlichen Architekturauffassungen der mitwirkenden Architekten und die Vorgabe der „revolutionären“ Flachdächer erreicht. Die Auffassung vom „Bauwerk als Gesamtkunstwerk“ und der Grundsatz „die Form folgt der Funktion“, ließ nüchterne, kubische Zweckbauten ohne jeglichen Schnörkel entstehen, die bis heute die Baukunst der Moderne und Postmoderne repräsentieren und beeinflussen.

Die damalige Zielsetzung im Wohnungsbau lässt sich wie folgt zusammenfassen: Der Wohnungsbau sollte billiger und besser werden. Licht und Luft sollte die Gesundheit fördern und die Hauswirtschaft sollte vereinfacht werden.

Wer heute die Weissenhofsiedlung besichtigt trifft zuerst auf die „Wohnmaschine“ von Le Corbusier. (Die nachfolgende Aufnahme musste wegen einer Baustelle aus einer etwas ungünstigen Position gemacht werden.)

Le Corbusier hat am radikalsten und zugleich richtungsweisendsten moderne Architektur bis hin zur Inneneinrichtung umgesetzt. Seine 5 Punkte zur Architektur können an diesem Bauwerk nachvollzogen werden und sind heute aktueller denn je:

  1. Ein Raster von Stahl-/Betonstützen ersetzt die tragenden Mauern und erleichtert modulares Bauen.
  2. Durch den Wegfall tragender Mauern wird eine freie Grundrissgestaltung ermöglicht.
  3. Die Ständerbauweise ermöglicht auch eine freie Fassadengestaltung. Die Trennung der äußeren Gestaltung von der Baustruktur wird so möglich.
  4. Langfenster durchschneiden die nichttragende Fassade und versorgen die Wohnung mit gleichmäßigem Licht.
  5. Die Dachgärten werden ins Wohnen einbezogen. Sie dienen dem Schutz der Flachdächer, als Nutzgarten und geben ein Stück Natur zurück.

Ein weiteres Element seiner Architektur lässt sich unschwer erkennen: Da es ja auch um günstigen Wohnraum ging, knauserte Le Corbusier mit jedem Quadratmeter. Verkehrsflächen wurden deshalb möglichst klein gehalten, um nicht unnötig an Wohnfläche zu verlieren. Dies führte insbesondere zu sehr steilen und schmalen Aufgängen und Treppenhäusern.

Seine Idee das Wohnen und Schlafen in einem Zimmer zu integrieren sparte zwar Raum, stieß aber auf wenig Gegenliebe, denn sie war zwar praktisch, zwang den Bewohnern aber einen Lebensstil auf, der ihnen zumindest damals nicht entsprach. Seine gemeinsam mit seinem Vetter Pierre Jeanneret errichtete „Wohnmaschine“ war deshalb das einzige Haus, das nach der Ausstellung nicht vermietet werden konnte.

Die Reihenhäuser im Pankokweg 5-9 (Bild oben) stammen vom Architekten J.J.P. Oud. Dieser niederländische Architekt gilt heute als einer der Hauptvertreter des Funktionalismus.

Die an eine Fabrikhalle erinnernden Reihenhäuser unten entwarf Mart Stam, der jüngste Architekt, der in der Weissenhofsiedlung bauen durfte. Der niederländische Architekt und Designer hatte ein wechselvolles Leben, das ihn wiederholt zwischen der DDR und dem Westen pendeln ließ.

Der deutsche Architekt Hans Scharoun entwarf das nachfolgende Einfamilienhaus im Hölzelweg 1. Er gilt als der bedeutendste Vertreter der organischen Architektur.

Nach der Machtergreifung 1933 sahen sich die Architekten des Neuen Bauens zunehmender Kritik ausgesetzt. Viele wanderten aus und trugen ihre Ideen in die Welt. 1938 stimmte die Stadt Stuttgart dem Verkauf der Siedlung an das Deutsche Reich zu. Das Ansinnen, die „Arabersiedlung“ abzureißen wurde jedoch wegen des Kriegsausbruchs nicht umgesetzt. 1944 wurden dann durch Bombenangriffe 10 Häuser völlig zerstört und nach dem Krieg weitere Häuser durch Umbau verschandelt. Erst 1958 stellte Stuttgart die übriggebliebenen Häuser unter Denkmalschutz. Nach Gründung des Vereins „Freunde der Weißenhof-Siedlung e.V.“ sanierte die Stadt 1981 bis 1987 die verbliebenen elf Häuser und versetzt sie in ihren ursprünglichen Zustand. Seit 2006 ist in der „Wohnmaschine“ von Le Corbusier das Weißenhofmuseum untergebracht. Dieses Doppelhaus wurde 2016 gemeinsam mit seinem Haus Citröhan in die Liste des UNESCO‐Weltkulturerbes aufgenommen.

Und wie sieht die Zukunft aus? Genau hundert Jahre nach dem Weissenhof wird in Stuttgart an der IBA’27 geplant.

In der heutigen Zeit dürfen die nachfolgenden Informationen nicht unter den Tisch fallen:

Gropius versuchte sich im Dritten Reich wiederholt mit den Nazis zu arrangieren, um seine Ideen nach der Schließung des Bauhauses auf privater Ebene fortsetzen zu können, allerdings erfolglos. Hierfür erntete er nach dem Dritten Reich viel Kritik.

Anders Le Corbusier. In Wikipedia wird der Lausanner Architekturhistoriker Pierre Frey zitiert: „Le Corbusier war ein radikaler Theoretiker … und ein rabiater Antisemit.“ Fakt ist, dass er unmittelbar nach der Installation der Vichy-Regierung im besetzten Frankreich den Kontakt zu diesem Regime suchte und über zahlreiche rechtsradikale Unterstützer verfügte, die ihn dort empfahlen. Infolge wurde er 1941 zum Beauftragten für Städtebau im zerstörten Frankreich ernannt. Nach der Befreiung Frankreichs 1944 ging es für ihn nahtlos weiter. Er wurde Vorsitzender der Städtebaukommission des französischen Architektenverbandes und setzte seine Karriere als Architekt auf internationaler Bühne fort.

Quellen:

Stadt Stuttgart, Planet-Wissen, Wikipedia zu einschlägigen Architekten.

Trockenbrüche

Unsere Streuobstwiesen haben in diesem Jahr unter der langen Trockenheit schwer gelitten. Eine Vielzahl alter Bäume brach einfach auseinander.

Natürlich ist es nicht nur die Trockenheit, die zu diesen Schäden geführt hat. Wie immer ist das Problem komplexer. Alte Obstbäume sind häufig vom Pilz befallen und von innen heraus morsch, denen gab die Trockenheit den Rest. Doch auch gesunde Bäume waren von Trockenbrüchen betroffen. Ob Apfel-, Birn-, Kirsch- oder Zwetschgenbaum, keine Obstsorte blieb verschont.

Ein großes Problem ist, dass viele Streuobstwiesen seit Jahren nicht mehr gepflegt werden. Der Baumschnitt blieb aus und auch der Baumbestand wurde nicht mehr erneuert. Die alten Leute, die diese Baumpflege über Jahrzehnte betrieben haben, sterben langsam aus. Für sie waren die Streuobstwiesen einst lebensnotwendig, später Gewohnheit und am Ende nur noch eine Last. Die Jüngeren haben oder nehmen sich dafür nur selten Zeit, zumal sich diese Arbeit in keiner Weise rechnet.

Die Folgen sind nicht zu übersehen. Da nützt es auch nichts, die Streuobstwiesen zu schützen. Nur ein Umdenken, eine Änderung der Lebensweise und neue Ideen zur Vermarktung werden diese artenreiche Kulturlandschaft retten. Heute zählen die Streuobstwiesen zu den am stärksten gefährdeten Lebensräume.

Stadtlandschaften

  1. Zeile: Cagliari (Sardinien, Italien), Linz (Österreich)
  2. Zeile: Smögen (Schweden), darunter Trondheim (Norwegen), Lahnstein
  3. Zeile: Tübingen, Hamnöy (Lofoten, Norwegen)
  4. Zeile: Rothenburg o.d. Tauber, Rothenburg o.d. Tauber darunter Manciano (Italien)
  1. Zeile: Dresden
  2. Zeile: Berlin, zweimal Frankfurt am Main
  3. Zeile: Kristiansund (Norwegen) darunter Amsterdam (Niederlande), Hong Kong (chinesische Sonderverwaltungszone)
  4. Zeile: Rostock
  5. Zeile: Auckland (Neuseeland)