Rotterdamer Mosaik

Rotterdam begeistert mit seiner modernen Architektur. Aufgrund langjähriger konsequenter Stadtentwicklung hat sich die Stadt an der Maas zu einem Mekka für Architekten und moderne Architektur entwickelt. Natürlich war und ist Rotterdam in der glücklichen Lage, Schritt für Schritt alte Hafengebiete neu gestalten zu können und hat dazuhin inzwischen auch genügend Geld im Portemonnaie, doch es geht die einstigen „Problemzonen“ durch Verbesserung der Infrastruktur gezielte an. Trotz aller Probleme, die Rotterdam auch heute noch hat, den Ruf eines „Drecknestes“ hat es inzwischen abgelegt.

Blick vom Wilhelmina-Pier am Kop van Zuid über die Maas auf die Willemskade. Das Hochhaus „De Zalmhaven“ wurde 2021 fertiggestellt und ist mit 212 m das derzeit höchste der Niederlande.

Wir hatten im Jachthaven Dortrecht übernachtet, einem idealen Ausgangspunkt, um dem Zentrum Rotterdams einen Besuch abzustatten. Morgens brachen wir zeitig auf und hatten tatsächlich kein Problem auf dem ausgesuchten Parkplatz beim Wilhelminaplein, also mitten zwischen den Hochhäusern am Kop van Zuid und unmittelbar neben der Erasmusbrücke, einen Platz zu finden. Aber irgendetwas hatte ich wohl übersehen, denn trotz bezahlter Parkgebühren hatte ich später ein Knöllchen an der Windschutzscheibe. Doch der Ausgangspunkt war ideal. Das Zentrum ist von hier aus fußläufig zu erreichen und wer möchte, kann auch das Wassertaxi oder die Straßenbahn benutzen.

Kop van Zuid, das alte heruntergekommene Hafengebiet, von wo aus einst die Auswanderer nach Amerika aufbrachen, ist das heutige Aushängeschild Rotterdamer Stadtentwicklung. Durch den Bau der Erasmusbrücke 1996 wurde dieses Gebiet unmittelbar ans Stadtzentrum angeschlossen und so die Voraussetzung für Investitionen geschaffen. Wohnraum für 15 000 Menschen und 18 000 Arbeitsplätze sollten hier neu entstehen. Geprägt von gewaltigen Hochhäusern hat sich das neue Stadtviertel mit seiner markanten Skyline inzwischen zu einem Besuchermagnet entwickelt.

Oben von links: Der „Toren op Zuid“ oder „KPN-Tower“ steht mit seinen 96 Metern direkt neben der Erasmusbrücke. Der Bau von Renzo Piano wurde 2000 fertiggestellt. Es folgt der monumentale Komplex „De Rotterdam“ von OMA / Koolhaas 2013. Mit 151,3 m Höhe und 162000m^2 Nutzfläche ist es das größte Gebäude der Niederlande und wird nicht ohne Grund als „vertikale Stadt bezeichnet. Es folgt das „New Orleans“ von Álvaro Siza Vieira, das mit 158,4 m als höchstes Wohngebäude der Niederlande firmiert. Fertigstellung 2010.

Die oberen Details von links: Fassadenmalerei, die spektakuläre Glasfassade am kpn-Tower, De Rotterdam, Hochhäuser am Maastoren.

Experimentierfreudig muss man sein, um auf einem Wohngebäude ein Turbinenhaus mit Darrieus-Rotoren (spezielle Windkraftanlagen zur Stromerzeugung) zu errichten. Ob die Anlage einen praktischen Nutzen hat und die Schwingungen für die Bewohner darunter erträglich sind, ist mir nicht bekannt.

Rotterdam ist natürlich für seinen Hafen, den größten Europas, bekannt. In Stadtnähe sind die klassischen Anlagen wie Docks und Containerhafen vertreten. Öl und Gasterminals liegen einige Kilometer weiter an der Mündung des Rheins in die Nordsee.

Der zentrumsnahe Maritimdistrikt zwischen Leuwehaven und Glashaven wurde längst zu einem attraktiven Wohnviertel umgestaltet. Es fragt sich nur, wer es sich leisten kann, dort zu wohnen. Ich erlebte das Quartier zwei Tage vor dem „Koningstag“. Wo man hinkam liefen die Vorbereitungen für Großveranstaltungen auf Hochtouren. Zu allem Überfluss wurde auch noch eine orangefarbene Jacht ins Hafenbecken gehievt. Schon ganz schön schrill, was so eine Monarchie mit den Menschen macht.

Natürlich musste ich auch noch einen Blick auf die Würfelhäuser von Piet Blom werfen, die bereits 1984 errichtet wurden. „Ganz schön schräg“, kann man da nur sagen!

Erasmusbrücke Rotterdam

Die Erasmusbrücke steht in Rotterdam und ist die letzte Rheinbrücke vor der Nordsee. In den Niederlanden spricht jedoch niemand vom Rhein, sondern von der Maas oder genauer gesagt, der Nieuwe Maas. Die Brückenkonstruktion setzt sich aus mehreren Teilen zusammen. Das Kernstück besteht aus einer asymmetrischen Schrägseilbrücke von 410 m Länge. Die Gesamtkonstruktion, zu der auch die schwerste Klappbrücke Europas gehört, bringt es auf 802 m. Diese stellt sicher, dass auch Schiffe mit besonders hohen Aufbauten passieren können. Der abgewinkelte Pylon erreicht eine Höhe von 139 Metern. Die Brücke wurde 1996 nach gut 2-jähriger Bauzeit in Betrieb genommen. Entwurf: Architekten Van Berkel & Bos.

Die Erasmusbrücke entwickelte sich schnell zu einem Wahrzeichen Rotterdams. Sie verbindet die Innenstadt (obere Bilder) mit dem alten Hafengebiet am Kop van Zuid, das zum Aushängeschild der Stadtentwicklung werden sollte (Bild unten).

Die Kitesurfer am Brouwersdam

Der Brouwersdam ist ein Abschlussdeich, der im Rahmen des Deltaplans zum Schutz vor Sturmfluten errichtet wurde. Durch ihn wurde der Arm des Mündungsdeltas zwischen den Inseln Schouwen-Duiveland und Goeree-Overflakkee von der Nordsee abgeschnitten. Dort hat sich eines der beliebtesten Wassersportgebiete der Niederlande entwickelt.

Über den 6 km langen Damm verläuft die Nationalstraße 57. Sie erschließt landseits den Ferienpark Port Zélande sowie den feinsandigen Strand auf Seiten der Nordsee. Hier befindet sich ein Hotspot für Wind- und Kitesurfer auch aus Belgien und Deutschland, denn Wind ist hier keine Mangelware.

Als wir gegen Ende April dort waren, verloren sich die Fahrzeuge auf dem riesigen Parkplatz, der sich am gesamten Strand entlang zieht. Am Strand waren einzelne Kite-Schulen auszumachen. Auch im Wasser genossen etliche Kitesurfer den stürmischen Tag und alle hatten genügend Platz. Während der Hauptsaison sieht es hier jedoch völlig anders aus. Kaum auszudenken, was hier los ist, wenn der Parkplatz voll belegt ist. Dies soll im Sommer aber Normalzustand sein.

Nordseestrände Zeelands

Zeeland verfügt über zahlreiche Sandstrände entlang der Nordseeküste sowie an der Wester- und Oosterschelde. Während sich die Dünen bei Zoutelande mit 54 m am höchsten auftürmen liegen die ausgedehntesten Dünenlandschaften und weitesten Strände auf der Insel Schouwen-Duiveland.

Wir besuchten dort unter anderem Dünen und Strand bei Nieuw-Haamstede (Kop van Schouwen). Die landseitigen Ausläufer der Dünenlandschaft sind ins Weideland integriert. Je nach Strandzugang kann der Weg durch die Dünen bis zum Strand ganz ordentlich weit sein. Ausgedehnte Wanderungen sind möglich, Wanderwege markiert.

Doch der Weg lohnt sich! Nicht nur weil das Strandlokal auf seiner Terrasse windgeschützte Sitzplätze und natürlich den obligatorischen Apfelkuchen bietet, sondern weil die Weitläufigkeit des Sandstrandes grandios ist.

Oosterschelde-Sperrwerk

Das Oosterschelde-Sperrwerk ist das größte Sturmflutwehr der Welt. Es ist Bestandteil der Deltawerke, in denen alle baulichen Maßnahmen zum Schutz vor Sturmfluten im Mündungsdelta von Rhein und Maas zusammengefasst sind. Aufgrund der verheerenden Sturmflut 1953, die 1836 Menschenleben gefordert und zahlreiche Ortschaften zerstört hat, wurde der Deltaplan entwickelt.

Bei Sturmflut werden die Hubtore des 5 km langen Sperrwerks geschlossen und wirken wie ein Abschlussdeich. Im Normalbetrieb sind die Tore geöffnet, so dass Ebbe und Flut ihr Wechselspiel bis weit hinein ins Land betreiben und den Salzgehalt im Deltabereich konstant halten können.

Heute wird das Sperrwerk als Meisterleistung der Ingenieurskunst gefeiert. In der ursprünglichen Planung sollte die Oosterschelde jedoch mit einem wesentlich billigeren Abschlussdeich von der Nordsee getrennt werden. Damit wäre der Deltabereich aber von Ebbe und Flut abgekoppelt worden mit schwerwiegenden Folgen für die Natur. Dies hätte unter anderem auch das Aus für die Muschel- und Austernzucht in Yerseke bedeutet. Deshalb formierte sich ab 1968 breiter Widerstand gegen einen geschlossenen Oosterschelde-Damm. Es dauerte allerdings bis 1976, bis der Beschluss gefasst wurde, den Damm durchlässig zu gestalten. Bis dahin waren bereits mehrere Kilometer Abschlussdeich gebaut worden, die spätere Korrekturmaßnahmen erforderten.

Das Oosterschelde-Sperrwerk in Zahlen: Baubeginn 1986. 65 Pfeiler mit bis zu 65 m Höhe und bis zu 18000 t Masse halten 42 bewegliche Tafelschütze mit 42 m Breite. Diese sind wischen 6 und 12 m hoch und haben eine Masse von bis zu 500 t. Sie können binnen einer Stunde geschlossen werden. Jährlich ist das Sperrwerk im Mittel einmal im Einsatz.

Bloembollenstreek

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Noord Holland ist für seine Tulpenfelder bekannt. Parallel zur Nordseeküste, in einem Streifen zwischen Katwijk und Harlem, erstreckt sich der „Bloembollenstreek“. Der sandige Boden ist zum Kultivieren der Zwiebel optimal geeignet. Von Mitte März bis Mitte Mai sorgt der großflächige Anbau von „Bollen“-Gewächsen für ein großflächiges Farbspektakel.

Über kleine Nebenstraßen kann man die Pracht der blühenden Felder gut erschließen.

Neben Tulpen werden auch andere Zwiebelgewächse, wie z. B. Hyazythen, gezüchtet.

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Der Keukenhof gilt als bekanntester Schaugarten für Frühjahrsblüher. Dort werden stets die neuesten Züchtungen vorgestellt. Auch wenn es sich hier wiederum um einen Besuchermagneten handelt, sollte man auf einen Besuch nicht verzichten. Neben den Freilandbepflanzungen gibt es auch spezielle Ausstellungen und Schauen in Hallen. In diesem Jahr wurden sie dem Motto „Flower Power, die Kraft der Blumen“ unterstellt. Damit wird an die 70er Jahre, die Zeit der Hippies, erinnert.

Aber die Parkanlage mit der Fülle an Frühjahrsblüher, die immer wieder neue Akzente setzt, ist die Hauptatraktion.

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Zum Schluss unserer kurzen Reise verbrachten wir noch einen Tag in Noordwijk a/Zee. Sieht man einmal von den hässlichen Bettenburgen ab, bleibt die Nordsee mit ihrem tollen Sandstrand und den Dünen. Wir kamen am Vorabend des Blumencorsos an. Die Strandpromenade ist Ausgangspunkt dieses Umzugs. Mit Blumen geschmückte Fahrzeuge und Themenwagen bilden einen Festzug, der auf 30 km Länge den Bollenstreek durchquert. Die Bedeutung dieses Blumencorsos lässt sich wohl am besten so zusammenfassen: Was in Köln der Rosenmontagsumzug, ist im Bollenstreek der Blumencorso. Wir wollten uns dieses Spektakel, für das viele von weither anreisen, nicht antun, doch die geschmückten Fahrzeuge, die bereits am Abend an der Uferpromenade geparkt wurden, haben wir natürlich bestaunt. Hier einige Kostproben:

Was das Seebad angeht, so hat uns das zum Hotel Oranje gehörende Clubhaus am Strand sehr gut gefallen. Dort genossen wir ein hervorragendes Abendessen mit Blick auf das Meer und die untergehende Sonne. Was will man eigentlich mehr?

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Am anderen Morgen, als die ersten Menschenmassen eintrafen, um das Spektakel des Blumencorsos zu erleben, und die Reisebusse begannen die Gehwege und Nebenstraßen zu blockieren, reisten wir ab.

 

 

 

 

Es ist nicht alles Käse!

Von Amsterdam aus folgten wir unseren Jugenderinnerungen in den Norden nach Volendam. Noch in den 70ern war Volendam ein beschauliches Fischerdorf, wir wollten sehen, was daraus geworden ist. Hier die Zusammenfassung:

  • Für das Auge waren die Waffeln in der Auslage des Verkaufswagens am Hafen das Highlight.

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  • Das Beste für´s Herz waren die frisch restaurierten Holzrümpfe von zwei alten Lastenseglern, die untätig im Hafen vor sich hin dümpelten. Saubere Arbeit!

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  • Für die Erinnerung blieb die Silhouette der Hafeneinfahrt.

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Vom Rest waren wir völlig bedient. Der Hafenbereich ist zu einer einzigen Fressmeile verkommen. Wir nahmen Reißaus.

Unsere nächste Station war das Freilichtmuseum in Zaanse Schans. Es zeigt das Dorfleben im 17. Jahrhundert. Touristisch ist dies natürlich auch ein absoluter Kristallisationspunkt, aber lohnend. Wie üblich in einem Freilichtmuseum sind alte Häuser und Produktionsstätten von Handwerkern zu sehen. Ein Einblick in die Käseproduktion nebst Verkostung und Einkaufsmöglichkeit darf in Holland natürlich ebenso wenig fehlen …

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… wie die Windmühlen mit ihren ganz unterschiedlichen Nutzungsmöglichkeiten. Von der Senf-, über die Ölmühle, bis zur Sägerei ist hier alles zu sehen.

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Alkmaar, das Zentrum Nord-Hollands, war eines unserer nächsten Ziele und zwar ein absolut lohnendes. Bereits 1532 hat man um dieses Städtchen herum die ersten Polder Hollands trocken gelegt. Als 1573 die Spanier Alkmaar belagerten, wurden diese durch Flutung der Polder zum Abzug gezwungen. Dieser Sieg wird auch heute noch jährlich am 8. Oktober gefeiert. Bekannt ist Alkmaar jedoch für seinen Käsemarkt.

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Seit 1365 findet in der Stadt auf dem Waagplein ein Käsemarkt statt. Von April bis September wird hier jeweils am Freitag, von 10 bis 12 Uhr, der Käse gehandelt. Wer aber von dieser folkloristischen Veranstaltung etwas sehen möchte, sollte früher da sein, sonst sind die aussichtsreichen Plätze entlang der Absperrung bereits besetzt.

Ab 7 Uhr werden bis zu 2200 Laibe Gouda (30000 kg) angeliefert und in langen Reihen auf dem Waagplein „gesetzt“. Der Käse stammt aus den Käsefabriken Campina und Cono. Die Abwicklung des Marktes ist Sache der „Kaasdrager“ einer seit 1593 bestehenden Gilde aus 30 Männern und einem Käsevater als Oberhaupt. Die Gilde ist in vier Körperschaften (Vemen) unterteilt, die sich durch ihre Farben (rot, grün, blau und gelb) unterscheiden.

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Ist der Käse verkauft, stapelt der „Setzer“ jeweils 8 Laibe auf eine Trage. Dann kann das Spektakel beginnen. Die „Kaasdrager“ eilen mit ihrer Fracht in einem besonderen Schritt zur Kaaswaag, einem wuchtigen Gebäude, dem man den einstigen Kirchenbau auch heute noch ansieht.

Nachdem der Käse gewogen, notiert und abgestempelt ist, wird er auf die andere Seite des Marktes getragen, wo hölzerne Karren zum Abtransport bereitstehen. So kommt für die Kaasdrager einiges an Strecke zusammen. Um die sportliche Leistung der Träger einschätzen zu können muss man wissen, dass eine beladene Trage ca. 130 kg auf die Waage bringt.

Innerhalb von zwei Stunden muss der gesamte Käse verkauft und abgeräumt sein, damit der Platz wieder benutzt werden kann. Dennoch bleibt selbst für die Träger Zeit für einen Schwatz.

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Die Käsmädchen, die auf dem Markt in Erscheinung treten, sind eine neuere Erfindung des Niederländischen Büros für Molkereiprodukte. Seit 1961 wird mit „Frau Antje aus Holland“ auch in Deutschland Werbung gemacht.

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Während der Käse heute mit dem LKW an- und abgefahren wird, erinnern einige Akteure daran, dass der Käse in früheren Zeiten mit Booten über die Grachten transportiert werden musste.

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Alkmaar verfügt über eine sehr schöne Altstadt, für die man sich unbedingt etwas Zeit nehmen sollte. Die Hauptgracht weist exakt auf die Kaaswaag und begrenzt auf einer Seite den Waagplein, der sich auf dem Foto von der Kaaswaag nach rechts erstreckt.

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Alte herrschaftliche Häuser, enge Gassen und verwinkelte Grachten machen die Stadt zu einem Kleinod. Das Rathaus ist ein ganz besonderes Bauwerk, das nicht nur durch seine Specksteinlagen besticht.

Doch nicht nur den Häusern, auch den Bewohnern Alkmaars sieht man an, dass eine Jahrhunderte alte Geschichte auf ihnen lastet 😉 .

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