Am Meer

Sicher ist es für euch kein Problem, das Reh im Bild zu entdecken. Ich hatte es beim Fotografieren völlig übersehen.
Vom Kornbühl aus wanderte mein Blick hinaus über die sanften Wellen der Albhochfläche. Die Sonne war inzwischen knapp über den Horizont geklettert. Sie tauchte die Schneelandschaft in goldenes Licht und warf lange Schatten. Mal gerade, mal geschwungen, die Wirtschaftswege gliederten die Landschaft mit klaren Linien. Das gleißende Licht der Morgensonne hatte sie vortrefflich heraus präpariert. Ein klarer Fall für die lange Brennweite (400 mm), mit der konnte ich einen geeigneten Ausschnitt auswählen.
Als ich das Bild zuhause betrachtete, um die Schärfe zu überprüfen, entdeckte ich ein Reh, das mir beim Fotografieren völlig entgangen war. Offensichtlich hatte mich die Linienführung der Wege derart in Bann gezogen, dass ich für anderes kein Auge mehr übrig hatte. Bei einer von drei Aufnahmen stand das Reh dann gerade an der richtigen Stelle.
Vor Sonnenaufgang war ich wieder auf der Alb bei Salmendingen. Über Nacht war der Raureif von den Sonnenblumen abgefallen, doch die Bäume auf dem Kornbühl, einem 886,5 m hohen Härtling (Zeugenberg), stellten ihre weiße Pracht noch zur Schau. An solchen Tagen des Wetterwechsels macht sich jeder Höhenmeter bei der Temperatur bemerkbar.
Der 1886 angelegte Kreuzweg hinauf zur Kapelle führt vorbei an 14 Stationen. In westlicher Richtung reicht der Blick über den Albtrauf hinaus ins Alb-Vorland.
Die Äste der Bäume bogen sich unter der schweren Eislast.
Über der Kuppenalb suchte sich die aufgehende Sonne einen Weg durchs Gewölk. Bei klarer Sicht kann man von hier aus am Horizont das 250 km entfernte Zugspitzmassiv erkennen.
Das Totholz verwitternder Baumstümpfe leuchtete im warmen Licht der Morgensonne und bildete einen herrlichen Kontrast zu den filigranen Strukturen des Raureifs.
Der Wind hatte bereits über Nacht zugelegt, ein Vorbote der nächsten Warmfront. Die weiße Pracht wird wohl den Vormittag nicht überleben. Da kam ich also gerade noch rechtzeitig.
Nach einer langen Phase neblig-trüber und kalter Tage hat man die Chance auf tollen Raureif. Doch Raureif ohne Sonne gibt langweilige Bilder. Hat sich die Sonne aber endlich durchgekämpft und den Nebel aufgelöst, ist es mit der weißen Pracht schnell vorbei. Dies bedeutet, dass man zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle sein muss. Auf Verdacht fuhr ich deshalb am Sonntagnachmittag auf die Alb, doch die Sonne blinzelte nur hin und wieder durchs Gewölk. Kurze Momente für den Auslöser.
Zum Abschluss besuchte ich noch einen meiner Lieblingsplätze und genoss den herrlichen Blick auf die Salmendinger Kapelle. Für die kommende Nacht war nochmals Frost vorhergesagt. Doch bereits am Vormittag sollte starker Westwind die nächste Warmfront bringen. Das würde der Raureif nicht überleben. Also beschloss ich bei Sonnenaufgang wiederzukommen.
Am Sonntagmorgen sammelte ich Fotomotive am Albtrauf. Kurz nach 7 Uhr, gerade noch rechtzeitig vor Sonnenaufgang, erreichte ich den ersten Fotospot. Meine Hoffnung erfüllte sich, ein Mast der Überlandleitung ragte aus dem Nebelmeer heraus. Zum Sonnenaufgang wechselte ich die Talseite, um den streifenden Lichteinfall entlang der Traufhänge optimal ins Bild zu bekommen. Danach tauchte ich in die Nebelsuppe ab. Dort hätte ich mich in den Streuobstwiesen noch stundenlang austoben können, doch um 9:30 Uhr beendete ich meinen fotografischen Ausflug und machte mich mit klatschnassen Füßen auf den Heimweg. Ein gemütliches Frühstück in der Wärme rundete den gelungenen Start in den Tag ab. Sonntag!
Unsere Streuobstwiesen haben in diesem Jahr unter der langen Trockenheit schwer gelitten. Eine Vielzahl alter Bäume brach einfach auseinander.
Natürlich ist es nicht nur die Trockenheit, die zu diesen Schäden geführt hat. Wie immer ist das Problem komplexer. Alte Obstbäume sind häufig vom Pilz befallen und von innen heraus morsch, denen gab die Trockenheit den Rest. Doch auch gesunde Bäume waren von Trockenbrüchen betroffen. Ob Apfel-, Birn-, Kirsch- oder Zwetschgenbaum, keine Obstsorte blieb verschont.
Ein großes Problem ist, dass viele Streuobstwiesen seit Jahren nicht mehr gepflegt werden. Der Baumschnitt blieb aus und auch der Baumbestand wurde nicht mehr erneuert. Die alten Leute, die diese Baumpflege über Jahrzehnte betrieben haben, sterben langsam aus. Für sie waren die Streuobstwiesen einst lebensnotwendig, später Gewohnheit und am Ende nur noch eine Last. Die Jüngeren haben oder nehmen sich dafür nur selten Zeit, zumal sich diese Arbeit in keiner Weise rechnet.
Die Folgen sind nicht zu übersehen. Da nützt es auch nichts, die Streuobstwiesen zu schützen. Nur ein Umdenken, eine Änderung der Lebensweise und neue Ideen zur Vermarktung werden diese artenreiche Kulturlandschaft retten. Heute zählen die Streuobstwiesen zu den am stärksten gefährdeten Lebensräume.
Aber was will man überhaupt in Castelluccio bzw. im Piano Grande?
Abgesehen von den Bergsportlern, die dieses außergewöhnliche Hochtal schon länger schätzen, entwickelte sich das Piano Grande wegen seiner farbenprächtigen Wildblumenblüte von Mai bis Juli zu einem Touristenmagnet.
Die Tatsache, dass die Bauern hier von jeher die geschützte Linsensorte “lenticchie di Castelluccio” ohne den Einsatz von Pestiziden anbauen, ist Ursache für diese ungeheure Blütenpracht. So können sich die Wildblumen prächtig entwickeln. Die Bauern haben erkannt, dass die Wildblumen nicht nur zur Bodenverbesserung beitragen, sondern inzwischen auch die Tourismuskasse klingeln lassen.
Wir waren nicht zum optimalen Zeitpunkt im Tal, die Mohnblüte hatte gerade erst eingesetzt. Dennoch, es hat sich gelohnt. Die großartige Landschaft des Piano Grande ist immer einen Besuch wert.
Tag 3 und auf Sardinien
Dieser Beitrag hätte eigentlich vor der Halbinsel Sinis erscheinen sollen wurde aber irgendwie nicht veröffentlicht. Somit hier als Nachtrag.
Die Lage des Platzes S´Abba Druche hatte mehr zu bieten als diese herrliche Bucht. Die Entscheidung, noch einen Tag zu bleiben, fiel da nicht schwer.
Nur wenige Schritte weiter begann ein überaus interessanter, naturbelassener Küstenabschnitt. Vulkanische Ablagerungen führten in Verbindung mit den Gezeiten zu variantenreichen Erosionsformen. Die Hauptdarsteller waren und sind hier anstehende Tuffsteinformationen und rundgeschliffene, harte Lavakiesel jeglicher Größe. Sie bilden das optimale Schleifmittel, um aus dem weichen Tuffstein Gesteinsmühlen, lange Rinnen oder beliebige andere Formen herauszuarbeiten. Nachfolgend einige Beispiele.