Entlang der Schärenküste I

Zwischen Larvik und Kristiansand erstreckt sich einer der interessantesten Küstenabschnitte Norwegens. Die rund geschliffenen Granitformatonen der Küstenlinie und Schärengärten schaffen in Kombination mit den bunten und weißen Holzhäusern, die sich harmonisch zwischen die Felsen schmiegen, eine Atmosphäre zum Wohlfühlen.

Kragerö war das erst Städtchen, das wir besuchten (Bild oben). Die als lebhaft und als vom Tourismus stark geprägt beschriebene Stadt erlebten wir Mitte September als sehr ruhig, fast schon geruhsam. Doch die zahlreichen Lokale und Bars machten deutlich, dass es hier auch ganz anders zugehen kann.

Risör, „die weiße Stadt am Skagerak“, war unser nächstes Ziel. Hier hatte man das Gefühl, als ob der ganze Ort am Wohlfühlimage des Städtchens arbeitet. Weiße Holzhäuser, Blumenschmuck und norwegische Fahnen prägen das Stadtbild.

Auffällig ist, dass in Risör offensichtlich die Tradition der alten Holzboote gepflegt wird. Es ist einfach schön, wenn diese Handwerkskunst nicht verloren geht. Jährlicher Höhepunkt dieser Tradition ist die Holzbootregatta im August.

Bekannt ist Risör auch für seinen „Weißen Flekken“. Bei diesem gekalkten Fels oberhalb der Stadt handelt es sich um eine künstlich geschaffene Orientierungsmarke für die Schifffahrt, die auf das 16. Jahrhundert zurückgeht. Diese liegt genau gegenüber der Hafeneinfahrt und kann aus einem Abstand von 11 Seemeilen erkannt werden. Dass gerade in Risör eine solche Navigationshilfe geschaffen wurde wundert nicht, denn die Stadt war einst der Hauptumschlagsplatz für den Holzexport. Die Stämme, die in Telemarken geschlagen und nach Skien geflößt wurden, wurden in Risör verschifft.

Vom Aussichtspunkt am „Risör Flekken“ genießt man den herrlichen Blick über den Hafen hinaus auf´s Skagerak.

Ein See für uns allein

Unser heutiges Ziel war der Telemarkkanal östlich von Ulefoss. Auf dem Abschnitt zwischen den Seen Norsjö und Flavatn überwindet der „Bandak-Norsjö-Kanal“ in sechs Sektionen einen Höhenunterschied von 72 Meter. Das größte Hebewerk mit 5 Kammern und 23 Meter Höhenunterschied befindet sich in Vrangfoss (nachfolgende Bilderreihe).

Der Kanal ging 1892 in Betrieb. Nahezu 200 Jahre lang hatten sich Bauern und Sägewerksbesitzer um den Bau dieses Kanals bemüht, um für die Flößerei die zahlreichen Wasserfälle zu bezwingen. In diesen hatten sich die Baumstämme immer wieder zu riesigen Haufen aufgetürmt, die oft über Jahre liegen blieben.

Als wir morgens dem unauffälligen Hinweisschild zu einem Strand folgten standen wir nach wenigen hundert Metern am „Nomestranda“, einem herrlichen, ruhig gelegenen Strand am Ende eines zwischen bewaldeten Bergen eingebetteten Sees. Typisch Telemark!

Wir beschlossen sofort zu bleiben, um den sonnigen Tag hier am See zu verbringen. Dass wir diesen tollen Platz für uns alleine genießen durften, empfanden wir als ungeheueren Luxus.

Rondanevegen

Nach dem Besuch bei den Moschusochsen im Dovrefjell bogen wir in Hjerkin von der E6 ab und folgten der Rondane Landschaftsroute, die in einem östlichen Bogen hinauf in die herrliche Fjelllandschaft des Rondane Nationalparks führt.

Schlängelt sich die Straße anfänglich noch durch lichten Kiefernwald, dessen Waldboden vollständig mit Islandmoos bedeckt ist, verläuft sie in höheren Regionen durch schüttere Birkenbestände …

… die in den Hochlagen in arktische Tundra übergehen.

Da uns diese Landschaft besonders gut gefällt und hier am späten Nachmittag rasch absolute Ruhe einkehrt, beschlossen wir, hier zu übernachten.

Bei den Moschusochsen

Bilder zum Vergrößern anklicken.

Möglicher Ausgangspunkt für eine Tour zu den zotteligen Relikten der Eiszeit ist die Kongsvold Fjellstue auf der Passhöhe der E6 im Dovrefjell. Dort beginnt der markierte Moschusochsen Trail hinauf ins Fjell, wo in den 1940 Jahren die Wiederansiedlung grönländischer Tiere gelang. Wir hatten auf einem Rastplatz in der Nähe übernachtet, damit ich gleich morgens in der Frühe losziehen konnte. Nach einer knappen Stunde Aufstieg durch lichten Birkenwald erreichte ich bei stark bewölktem Himmel und gelegentlichen Regenschauern die mit arktischer Tundra bedeckte Hochfläche in der diese urzeitlichen Gesellen leben sollen.

Bereits nach kurzer Zeit entdeckte ich eine Gruppe Tiere weit ab vom Pfad. In der herbstlich trockenen Tundra war eine Annäherung unproblematisch möglich. Allerdings war Vorsicht geboten, denn der Herbst ist Brunftzeit.

Er war der Boss einer kleinen Gruppe, die aus zwei Kühen mit je einem Kalb bestand.

Eine Kuh hatte es ihm besonders angetan, doch alle Versuche sie zu besteigen scheiterten. Mehr als Schnüffeln war nicht drin.

Auch ein junger, einzelgängerischer Bulle suchte wiederholt den Kontakt zur Herde, wurde jedoch vom „Platzhirsch“ allein durch überzeugendes Auftreten auf Distanz gehalten. Kampfszenen konnte ich leider nicht beobachten. In größeren zeitlichen Abständen spielte sich immer wieder dasselbe Ritual ab:

Der junge Bulle näherte sich bedächtig, wartete ab und kam nochmals entschlossen näher. Der alte Bulle hatte ihn längst bemerkt und hatte zum Fressen einen Platz zwischen seiner Herde und dem Rivalen eingenommen, so dass dieser die Breitseite des Bosses zu sehen bekam. Dies genügte meist, um den Jungen auf Abstand zu halten. Wenn er dennoch Anstalten machte, näher zu kommen, senkte der Alte den Kopf und drehte in Richtung des Nebenbuhlers. Der zog sich spätestens jetzt in seine Schmollecke zurück, um den Frust zu verdauen.

Der junge Bulle ist gut daran zu erkennen, dass seine Hornplatte noch nicht vollständig vom Fell befreit ist. Beim alten Bullen findet sich nur noch zwischen den Platten ein Streifen kurzer Haare.

Um diese Aufnahmen zu machen, hielt ich mich mehrere Stunden in der Nähe der Tiere auf. Mit der Zeit konnte ich die Distanz von 200 auf 80 Meter verringern. Bei den Moschusochsen im Dovrefjell handelt es sich um die einzige freilebende Herde in Europa. Sie besteht aus ca. 300 Tieren. Vor einigen Jahren hat sich ein Bulle mit zwei Kühen nach Schweden abgesetzt und dort eine kleine Herde begründet.

Doch die Tiere sind ja nicht alles. Als später die Sonne immer wieder die Wolkendecke durchbrach, begann die herbstliche Tundra zu leuchten. Ein Farbenspiel, das man auch nicht alle Tage hat!

Und auch beim Abstieg präsentierte sich der Birkenwald in neuen Farben.

Trondheim

Trondheim wurde 997 von König Olaf I. an der Mündung der Nidelva gegründet. Als Sitz des Königs von Norwegen war Trondheim im Mittelalter die Hauptstadt des Landes. Als Trondheim 1250 Bischofssitz wurde, führte dies zum Bau des Nidarosdoms.

Trondheim wuchs rasant, zumal es lange Zeit auch der Brückenkopf für die Entwicklung der nördlichen Landesteile war. Dies kann man noch heute an der ausgedehnten Speicherstadt entlang der Nidelva erkennen.

Dieser Stadtteil und das dahinter liegende Arbeiterviertel Bakklandet sind die ältesten erhaltenen Quartiere Trondheims und gehören, wie der Bereich um den Nidarosdom, zum lohnenswerten Pflichtprogramm einer jeden Stadtbesichtigung.

An der Nidelva ist auch Neues entstanden. Am Wasser geht dies in Norwegen natürlich nicht ohne Bootsanleger.

Heute ist Trondheim hinter Oslo und Bergen die drittgrößte Stadt des Landes und das wirtschaftliche und kulturelle Zentrum Mittelnorwegens. Uns hat die lebendige Universitätsstadt von allen besuchten Städten Norwegens (Stavanger, Bergen, Alesund) am besten gefallen.

Die Atlantikstraße

Die Atlantikstraße, die sich zwischen Bud und Kristiansund erstreckt, windet sich entlang der Küste und hangelt sich in ihrem gut 8 km langen Kernstück dicht über dem Wasser von einer Schäreninsel zur anderen.

Die Straße – eine von Norwegens berühmten Landschaftsrouten – erschließt so für den Betrachter eine ganz besondere Landschaft, die man aber erst richtig wahrnimmt, wenn man sich in ihr bewegt.

Auf einer Nebenstraße kam uns ein freundlich winkender Radfahrer entgegen. Es war Peter, unser Campingnachbar aus Bergen. Wir erkannten in erst, als er vor uns stand und seinen Fahrradhelm abgenommen hatte. Er war mit seiner Frau Christiane in Söstuer am Atlanterhavsveien vor Anker gegangen. Wir beschlossen, die Fahrt ebenfalls hier abzubrechen. Am Nachmittag mietete ich ein Kajak und fuhr hinaus, um die Holmen und Schären zu erkunden.

Die überraschende Begegnung war natürlich ein Grund zum Feiern und so köpften wir am Abend meine letzte Flasche spanischen Rotwein.

Insel Godöya

Godöya ist eine der vielen, Alesund vorgelagerten Inseln. Bereits die Anfahrt ist ein Abenteuer oder besser gesagt, gewöhnungsbedürftig. Drei unter dem Meer verlaufende Tunnel und zwei Brücken verbinden Godöya mit Alesund. Um die nötige Tiefe unter dem Meeresgrund zu erreichen, schrauben sich die Tunnel auf den teils winzigen Inseln bis zu einer vollständigen 360 Grad Drehung durch den Fels nach unten.

Godöya ist einer der Außenposten Alesunds. Einem Wellenbrecher gleich trotzt die Insel der Gewalt des anrollenden Atlantiks und schützt so die Stadt.

An der äußersten Spitze der Insel wacht der Leuchtturm Alnes Fyr.

Gleich nebenan, in der Bucht Sandvika, befindet sich der beste Surfspot der Region.

Alesund

Vom Aussichtsberg Aksla hat man einen phantastischen Blick auf die grandiose Lage der Stadt. Ob am Abend oder Morgen, wir waren beeindruckt.

Nach einem verherenden Brand 1904 wurden große Teile Alesunds im Jugendstil wieder aufgebaut. Es bedarf großer Anstrengungen, dieses Kulturgut zu erhalten.

Am Canale Grande.