Nur ein Friedhof?

Juni 2024

Wer kulturelle Besonderheiten oder die Bräuche einer Region kennenlernen möchte besucht gerne bekannte Feste, bei denen regionales Brauchtum zelebriert wird. Nicht selten geraten solche Veranstaltungen aber zur Folklore. Ganz anders verhält es sich auf Friedhöfen, da geht es völlig ungeschminkt zu. Die regionalen Unterschiede in der Bestattungskultur und der Grabpflege sind immens. Deshalb empfiehlt es sich auf einer Reise immer mal wieder auch einen Friedhof zu besichtigen. Wir taten dies in dem kleinen Ort Le Rozel auf der Halbinsel Cotentin in der Normandie. Ich möchte die entstandenen Bilder nicht interpretieren, zumindest nicht mehr als dies bereits auf fotografischem Wege geschehen ist. Möge sich – wer möchte – selbst seine Gedanken dazu machen.

Zum Abschluss zeige ich noch das Glasfenster, das ich überm Nebeneingang der schlichten Dorfkirche entdeckt habe. Mit diesem Fenster wird den Opfern der beiden Weltkriege gedacht. Unschwer ist zu erkennen, dass die Bevölkerung der Region unter den Folgen des 2. Weltkrieges wesentlich mehr zu leiden hatte.

Wildes Cotentin

Juni 2024

Die Westküste der Halbinsel Cotentin bietet spektakuläre Aussichten und natürliche Strände, an denen man die gestalterische Kraft des Meeres selbst an ruhigen Tagen spüren kann. Über schmale Sträßchen erschließt die „Route des Caps du Cotentin“ diese herrliche Küstenlandschaft. Die einzigen Wehrmutstropfen sind die atomare Wiederaufbereitungsanlage bei La Hague und das unweit davon an der Küste gelegene Atomkraftwerk. Hier in La Hague wurden auch die Brennelemente deutscher Atomkraftwerke aufbereitet.

Fährt man vom Cap La Hague gen Süden wird man kurz hinter dem Örtchen Laye von dieser herrlichen Aussicht überrascht.

Am Strand von Vauville entschieden wir, den Rest des Tages dort zu verbringen. Wie gut, dass der kommunale Campingplatz gerade die Saison eröffnet hatte.

Doch unglaublich, selbst an diesen abgelegenen Stränden haben die Deutschen im zweiten Weltkrieg Befestigungsanlagen errichtet. Das benachbarte Bauernhaus, heute ein Ferienhaus, bildet dazu einen schönen Kontrast.

Am nächsten Tag fuhren wir eine Ecke weiter nach Flamanville. Dort gibt es direkt oberhalb der Steilküste ein Panoramarestaurant. Das wäre doch eine tolle Gelegenheit, um den Tag ausklingen zu lassen, zumal es gleich nebenan einen aussichtsreichen Parkplatz für die Nacht gibt. Das Restaurant Le Sémaphore hatte leider eine geschlossene Gesellschaft, eine Radfahrgruppe, die hier übernachtete. Da mussten wir uns mit dem Parkplatz und der Aussicht begnügen.

Barfleur, Cotentin

Ende Mai 2024

Barfleur auf der Halbinsel Cotentin ist ein nettes kleines Hafenstädtchen nördlich des Landungsstrandes Utah Beach und damit etwas abseits vom ganz großen D-Day-Rummel. Ein Ort, um einige Tage die Seele baumeln zu lassen. Wir taten dies auf dem Campingplatz La Ferme du Bord de Mer, der direkt an einer kleinen Bucht liegt.

Barfleur unterhält noch eine eigene Fischereiflotte. Dabei dominiert der Fang von Schalen- und Krustentieren. Diese werden großen Teils direkt an die heimische Gastronomie geliefert, die sich ums Hafenbecken gruppiert. Die Kutter, die bei Flut einlaufen, liegen bei Ebbe auf dem Trockenen.

Auf der Halbinsel Cotentin steht Granit an.  Dessen Erosion hat vor dem Festland ausgedehnte Riffe gebildet, die das Absichern der Schifffahrt mittels Leuchttürmen erforderlich macht. Etwas nördlich des Campingplatzes liegt der Leuchtturm Gatteville. 365 Stufen führen hinauf auf die Aussichtsplattform des mit 75 Metern zweithöchsten Leuchtturms von Frankreich, der auch besichtigt werden kann. Allerdings war bei uns der Wind zu stark, so dass es beim Bestaunen von unten blieb.

Landungsstrände 2, Omaha Beach

Mai 2024

Am Nachmittag erreichten wir den amerikanischen Soldatenfriedhof bei Colleville-sur-Mer oberhalb des Omaha Beach. Der Friedhof war jedoch nur eingeschränkt zu besichtigen, da die Vorbereitungen auf die Großveranstaltung zum 80. Jahrestag auf Hochtouren liefen. Sogar Präsident Biden und der französische Staatspräsident Macron wurden erwartet.

So war das Denkmal, das auch an über 1500 vermisste Amerikaner erinnert, durch umfangreiche Bühnenbaumaßnahmen verdeckt und zwischen Denkmal und Kapelle, der Hauptachse durch das Gräberfeld, wurde gerade die Bestuhlung für eine ungeheure Menge erwarteter Gäste aufgebaut. Die Bühne und das Festzelt überm Strand, von dem das erste Drittel aufgerichtet war, wurden durch eine gewaltige Rampe verbunden.

Das Gräberfeld ist vom Abhang zum Omaha Beach durch eine kleine Mauer getrennt. Entlang dieser Mauer war bereits eine Fülle von Kränzen und Buketts niedergelegt worden. Sie stammten von umliegenden Kommunen, Organisationen und Verbänden. Auch die Deutsche Kriegsgräberführsorge war hier vertreten.

Auf dem 70 ha großen Areal wurden nahezu 10 000 in der Normandie gefallene US-Soldaten bestattet. Was viele nicht wissen, sie liegen in amerikanischer Erde, denn das Gelände wurde an den amerikanischen Staat verkauft und wird von der American Battle Monuments Commission verwaltet.

Die Amerikaner brachten am Utha Beach und hier am Omaha Beach drei Divisionen an Land. In einzelnen Abschnitten des Omaha Beach mussten sie die größten Verluste des gesamten Landeunternehmens verkraften. Dafür gab es mehrere Gründe: Die abgesetzten Luftlandeeinheiten waren kaum einsatzfähig und die Bomber verfehlten ebenfalls ihre Ziele, so dass die Küstenbatterien zum Zeitpunkt der Landung weitgehend einsatzfähig waren und ein Vorrücken der Amerikaner verhinderten. Hinzu kam, dass die einzelnen Truppenteile an falschen, ihnen unbekannten Strandabschnitten abgesetzt wurden, so dass sie die konkrete Lage nicht kannten. Doch der ungeheuren Menge an Mannschaft und Material, die den Tag über in zig Wellen angelandet wurde, konnte die Wehrmacht auf Dauer nichts entgegensetzen. Den Amerikanern gelang an immer mehr Stellen der Durchbruch und am 7. Juni brach der deutsche Widerstand vollständig zusammen.

Am Rand des Gräberfeldes waren immer wieder Blumen niedergelegt worden. Diese einsame Rosenblüte zog meinen Blick magisch an.

Unweit des Soldatenfriedhofes liegt das Overlord Museum, das mit Informationen zur Invasion der Alliierten und speziell zur Landung der amerikanischen Einheiten aufwartet. Vor dem Museum sind unterschiedliche Panzertypen aufgestellt, die am D-Day zum Einsatz kamen sowie eine deutsche Flak.

Die Landungsstrände 1

Mai 2024

Der heutige Tag stand ganz im Zeichen des D-Day und der Operation Overlord. Entlang der Cote de Nacre besuchten wir von Quistreham bis Omaha Beach einige uns wichtige Gedenkorte.

Ich hatte mir zwar vorgenommen, mich mit Zahlen zurückzuhalten, doch ganz ohne geht es dann doch nicht, wenn man die Dimension der alliierten Landung auch nur erahnen möchte. Am D-Day, dem ersten Tag der Invasion an der normannischen Küste, wurden 3 amerikanische, 2 britische und 1 kanadisch Divisionen, zusammen ca. 170 000 Soldaten samt Gerätschaften und Fahrzeugen angelandet. Unter der ersten Landungswelle gab es die meisten Gefallenen. Es gab Einheiten bei denen kaum die Hälfte die erste Stunde überlebte. Insgesamt werden die Verluste der Alliierten für den ersten Tag mit 10 000 Mann beziffert. Dass die Verluste nicht noch höher ausfielen war der Fehleinschätzung der deutschen Obersten Heeresleitung zu verdanken, die noch am zweiten Tag nach der Offensive von einem Scheinangriff ausging. Doch möchte ich hier nicht weiter auf die Kampfhandlungen eingehen. Wer sich dafür interessiert, findet genügend Literatur.

Am Sword Beach, dem östlichen der beiden englischen Landungsstrände, besuchten wir das Denkmal des schottischen Dudelsackspielers Bill Millin, der während der Landung die Befehle seines schottischen Vorgesetzten blies.

Im Strandabschnitt dazwischen, dem Juno Beach, landete eine kanadische Division. Die Abwehr der Deutschen war hier besonders heftig, so dass die Kanadier mit die höchsten Verluste an diesem Tag zu beklagen hatten. Dennoch waren sie es, die als einzige bis ins Hinterland vorstießen und die gesetzten Tagesziele erreichten.

Wir besuchten den Soldatenfriedhof „Ryes War Cemetery“ nahe der Ortschaft Brazenville. Hier sind 653 Commonwealth Soldaten, ein polnischer Soldat und 335 deutsche Soldaten begraben. Der Friedhof wird von der Commonwealth War Graves Commission betreut und stellt eine Besonderheit dar, denn auf den meisten Soldatenfriedhöfen der Umgebung liegen Gefallene einer Nationalität. Insgesamt wurden auf Soldatenfriedhöfen im Umfeld der Landungsstrände 32 807 Alliierte und 77 866 Deutsche bestattet.

Die Küstenbatterie bei Longues-sur-Mer war unser nächstes Ziel. Die Batterie gehörte zu Rommels Atlantikwall und war eine bedeutende deutsche Abwehrstellung. Vier 150 mm-Geschütze konnten fast den gesamten Landungsbereich überstreichen. Sie wurden von einem vorgezogenen Kommandostand dirigiert. Flugabwehrgeschütze dienten dem Schutz der Batterie. Mehrere derartige Batterien waren entlang der Küste so platziert, dass sich ihre Schussfelder überdeckten. Diese Abwehrstellungen auszuschalten hatte für die Alliierten oberste Priorität, denn nur wenn dies gelang, konnte der weitere Nachschub relativ verlustfrei angelandet werden.

Wohl als Vorbereitung auf den Jahrestag besuchte auch eine französische Schulklasse die deutsche Abwehrstellung. Die Klasse war sehr diszipliniert und dennoch gewann ich den Eindruck, als ob für diese jungen SchülerInnen das Ganze eher dem Besuch auf einem Abendheuerspielplatz glich, als dass es dem Geschichtsverständnis diente. Denn dieses dürfte den meisten Jugendlichen dieses Alters abgehen.

Eine weitere Beobachtung hat mich irritiert. An der Zugangsstraße parkte eine vermeintlich restaurierte Seitenwagenmaschine aus Kriegstagen. Dem Aufdruck nach zu urteilen, handelte es sich um ein Mietfahrzeug. Offensichtlich kann man solche Fahrzeuge nebst Militärklamotten mieten, um damit die „Straße der Befreiung“ abzufahren. Jetzt erst konnte ich ein Graffiti einordnen, das ich Stunden zuvor am Straßenrand gelesen hatte „Krieg ist keine Show“. Schon länger sahen wir Männer in Uniformen mit Jeeps in Originallackierung aus Kriegstagen über die Straßen patroulieren. Ist das die Erinnerungskultur die wir brauchen? Es ist mir völlig unverständlich, was in der Birne solcher Typen abgeht. Ich empfinde dieses Theater als absolute Respektlosigkeit gegenüber den Gefallenen.

Einstimmung auf den D-Day

Mai 2024

Wer die Normandie besucht, muss sich mit der Geschichte des zweiten Weltkrieges und der Rolle der Deutschen als Besatzungsmacht in Frankreich auseinandersetzen. Dies gilt natürlich in besonderer Weise für die Region der Landungsstrände an der Cote Nacre und deren Hinterland. Hier ist die Erinnerung an den D-Day (06. Juni 1944) vor 80 Jahren mit dem die Operation Overlord begann, auf Schritt und Tritt präsent. Unzählige Museen, Denkmäler, zerstörte Stellungen und mehrere Soldatenfriedhöfe nehmen sich dieser Vergangenheit an.

Ende Mai 2024, im Vorfeld des 80. Jahrestages des D-Days sind die meisten Häuser mit der Trikolore und den Fahnen der Alliierten geschmückt, Schulklassen besuchen einschlägige Sehenswürdigkeiten und Unmengen von Plakaten weisen auf entsprechende Feierlichkeiten und Feste anlässlich der Befreiung von Nazi-Deutschland hin.

Wir stellten uns in Caen auf dieser Reise erstmals konkret diesem Thema. Caen ist mit über 100 000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt der Normandie und Sitz der Präfektur Calvados. Mit dem Mémorial de Caen, „einem Museum der Geschichte für den Frieden“, so das Tourismusbüro, soll an die Schlacht um die Normandie erinnert werden. Die Aufarbeitung des Themas ist hier also breit angelegt und beschränkt sich nicht auf die Darstellung des D-Days.

Es stellt sich die Frage, wie es einem an solchen Orten als Deutschem geht. Kann man sich da in seiner Haut wohl fühlen? Diese Frage lässt sich sicher nur situativ und für jeden persönlich beantworten. Grundsätzlich aber ist sie zu bejahen, denn die Geschichte ist wechselhaft. Wer heute seine Interessen mit militärischen Mitteln durchsetzt, kann morgen schon deren Opfer sein. Leider hebt unsere Geschichtsschreibung viel zu wenig darauf ab. Vielmehr ist sie oft eine Geschichtsschreibung der Sieger und neigt damit zur Heroisierung. So trägt sie wenig zur Friedensstiftung bei. Wir erfahren es aktuell: Das Ende des zweiten Weltkrieges hat uns in Mitteleuropa zwar nahezu 80 Jahre Frieden und Freiheit geschenkt, aber zugleich einen Ost-West-Konflikt beschert, der gerade wieder an Dynamik und Zerstörungskraft gewonnen hat.

Caen ist ein guter Ort, um sich mit dieser Art der Geschichtsschreibung auseinanderzusetzen, denn hier herrschte Wilhelm der Eroberer ab 1035 als Herzog der Normandie und von 1066 bis 1087 nach erfolgreichem Feldzug auch als König von England. Ein kurzes Intermezzo.

Die Abbey of Sainte Trinité, war ein zweites Tagesziel. Die Abtei aus dem 11. Jahrhundert wurde von der Königin Mathilde, der Frau von Wilhelm dem Eroberer, gegründet. Dort fand sie auch ihre letzte Ruhestätte. In den Räumlichkeiten der Abtei gibt es immer wieder Ausstellungen zu bestaunen. Aktuell wurde durch Objekte und Installationen an die Landung der Amerikaner in Sizilien 1943 erinnert und an die Idee der Freiheit, die davon ausging. Dabei wird auch darauf verwiesen, welche Bedeutung diese Landung für die Vorbereitung der Operation Overlord hatte. Nachfolgend: Friedenstauben im Treppenaufgang, die symbolisch für den sich ausbreitenden Freiheitsgedanken stehen.

Honfleur, Normandie

Wenn man von Le Havre kommend die Mündung der Seine überschreitet, befindet man sich im Departement Calvados.

Schon bald erreicht man das am linken Seineufer gelegene Hafenstädtchen Honfleur. Dem Umstand, dass der Hafen noch nie eine größere Rolle gespielt hat, verdankt die Ortschaft heute ihre Anziehungskraft für Touristen. Um ein überschaubares Hafenbecken herum gruppiert sich ein geschlossenes Ensemble alter Bebauung und verleiht dem Städtchen seinen unverwechselbaren Scharm.

Kurz vor Ende unserer Hafenumrundung begegnete uns noch die nachfolgende, weitgehend transparente Gestalt. Dabei blieb es im Unklaren, ob es sich bei diesem jungen Mann um einen digital durchleuchteten Prototypen künftiger Generation oder um einen Leichtmatrosen des fliegenden Holländers gehandelt hat.

Nahe Trouville sur Mer an der Cote Fleurie bezogen wir unser Quartier für die nächsten Tage auf einem schönen Campingplatz mit genialer Aussicht.

Den Campingplatz Au Chant des Oiseaux bei Trouville sur Mer können wir nur empfehlen.

Etretat, Normandie

Mai 2024

Kurz hinter Yport eröffnete sich in einer Straßenkurve dieser herrliche Blick auf den abgelegenen Badestrand „Plage de Vaucottes“. Wer die romantische Verklärung der Alabasterküste sucht, wird hier fündig.  Doch nur wenigen Betuchten in alten herrschaftlichen Villen ist es vergönnt, dieses schmale Valleuse zu „bewohnen“.

In Etretat geht es dagegen wesentlich profaner zu. Dass sich das Städtchen zum Touristenzentrum entwickelte, liegt wohl an den spektakulären Felsformationen, die sich gleich neben dem Strand erheben.

Unmittelbar von der Uferpromenade aus erschließen steile Treppen die Region um die „Falaise d´Aval“. Wer die Klippen erklommen hat, wird mit fantastischen Ausblicken auf die Steilküste belohnt.

Völlig anders sind die Eindrücke, wenn man bei Ebbe am Fuße der Steilküste entlang wandert. Die Perspektiven, die sich hier eröffnen, sind aber nicht weniger beeindruckend.

Am Cap d´Antifer signalisiert der Leuchtturm das nahe Ende der Alabasterküste.

Abschließende Bilanz: Wir können die Alabasterküste als Reiseziel absolut empfehlen.