Die Ästhetik des Gewöhnlichen

Die Serie zeigt einfach nur Heuballen.

Endlich mal wieder ein Motiv nach meinem Geschmack. Nein, nicht dass Motive, die mir gefallen rar wären, doch es geht mir wie vermutlich noch vielen anderen auch. Nicht selten drängen sich mir Motive auf, weil ich sie schon zigfach als Bilder anderer Fotografen gesehen habe. Gute Bilder, die sich ins Gedächtnis brennen und nur darauf warten, auch noch von mir fotografiert zu werden.

Doch genau hier beginnt das Problem, denn so verliert man schnell die erforderliche Offenheit, um seiner Umgebung unbefangen begegnen zu können. Somit verschlechtert sich die Chance, sich den Wunsch aller Fotografen nach dem besonderen Bild zu erfüllen. Dabei scheint die Sache doch recht einfach: Fotografiert man das Besondere, so hat man das Bild das alle schon irgendwie haben. Befasst man sich mit dem Banalen, mit Körpern / Motiven, die in ihrer unaufgeregten Belanglosigkeit keine Aufmerksamkeit einfordern, so hat man die Chance, die Ästhetik zu entdecken, die jedem Körper eigen ist. Und damit haben wir dann, zumindest für uns selbst, das besondere Bild. Doch wenn das mal so einfach wäre, könnten wir uns vor besonderen Bildern nicht mehr retten.

Auf den Punkt gebracht: Nur mit der nötigen Offenheit entdecken wir die wirklich besonderen Motive, die noch nicht jeder in der Kiste hat. Dazu bedarf es manchmal einfach der Ruhe und ein bisschen Zeit, um die Umgebung auf sich wirken zu lassen.


8 Gedanken zu “Die Ästhetik des Gewöhnlichen

  1. Schön, wenn ein alter Hase wieder etwas Neues findet! Ist es nicht immer so, daß das Bild zuerst dem Fotografen gefällt und gefallen muß – egal ob banal oder besonders oder besonders im Banalen?! Ein Kind entdeckt die Schneeflocke und ist begeistert und kümmert sich nicht um andere. Das ist die Offenheit, die Du meinst. Wenn mich etwas fasziniert, sind mir die anderen auch (erstmal) egal. Geht man auf die Ebene des Vergleichs oder der Wettbewerbe, dann fängt es an, anders zu werden. Danke Horst, für Deine Anregungen!

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    1. Hallo Herbert,
      natürlich hast du recht, dass ein Bild zuerst dem Fotografen selbst gefallen muss. Die kindliche Offenheit wäre schön, doch die haben wir in der Regel längst abgelegt und genau darum ging es mir. Die meisten wollen doch das „besondere Bild“ das noch keiner hat. Und dann begeht man den Irrtum und meint, wenn man das Besondere fotografiert (Eifelturm, Matterhorn, Nordlicht, seltene Pflanze, …) hat man auch das besondere Bild. Von diesem Irrglauben muss man sich frei machen und das ist nicht so einfach.
      Viele Grüße
      Horst

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  2. Lieber Horst,
    ein Motiv dass vor der „Nase“ liegt und ich nie in Betracht gezogen hätte, auf jeden Fall nicht in dieser Form, geschweige denn, dass ich mir so einen Ballen genauer angeschaut hätte. Obwohl s-w momentan nicht zu meinen Lieblingen gehört, finde ich es hier total passend. Die Strukturen wirken so noch intensiver. Mir gefallen diese Aufnahmen sehr.
    Liebe Grüße
    Brigitte

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  3. Stimmt zu 100%
    Das Besondere, was mich einst begeistert hat geht mir nach 1000fachen Kopieren – dank Socia Media – mittlerweile ziemlich auf den Keks. Für mich einer der Gründe mich diesem Einfluss mal fast komplett zu verschließen, um wieder meine Offenheit zu trainieren.
    Daher liebe ich doch Dein scheinbar banales Motiv. Sehr schön in Szene gesetzt!!
    VG Simone

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